Sonnenuhren im Internet - Einführung

Als wir Sonnenuhren im Internet planten,traf ich zum ersten Mal einen Gleichgesinnten. Er war froh, jemand zu treffen, den Sonnenuhren ebenfalls interessierten. "Ich arbeitete einige Zeit an einer Sonnenuhr, aber es gelingt mir nicht, damit die Zeit richtig zu messen". Er erklärte, er habe einen senkrechten Pfeiler im Garten und wollte dort eine Sonnenuhr errichten. Ich dachte dabei zurück, als ich selbst anfing, einen Stab in den Boden zu stecken, um damit eine Bankecke zu stützen und dabei dachte, ihn für eine Sonnenuhr zu nützen. Ich legte einige Steine mit den Zahlen 9, 10, 11 usw. so auf, daß der Schatten um diese Uhrzeit darauf fiel. Ich war überrascht, daß die Zeitablesung von Tag zu Tag ungenauer wurde.
Es mußte etwa fünf Jahre später gewesen sein, als ich ein Buch von AP Herbert über Sonnenuhren in die Hände bekam und ich verstand, warum es nicht funktioniert hatte. Damals fing ich an, mich für Sonnenuhren zu interssieren und es ist schwierig, damit wieder aufzuhören.

Diese zwei Erfahrungen sind ein Mikrokosmos in der langen Geschichte der Sonnenuhren. Jedermann weiß, daß sich der Schatten im Laufe des Tages ständig bewegt. Irgend jemand fand schließlich heraus, daß ein Stab oder einer Kante, welche zum Himmelspol zeigt, einen Schatten wirft, der am gleichen Ort zur gleichen Tageszeit seine Lage nicht verändert. Obwohl man das bereits vor 2000 Jahren erkenne hätte können, ist es wahrscheinlich, daß man das erst vor 500 Jahren entdeckte, denn vor der Erfindung der Räderuhren wäre es schwierig gewesen zu entscheiden was "die gleiche Zeit jeden Tag" bedeutet. Jedermann hätte vorher eine solche Erkenntnis als nutzlos empfunden.

Praktisch weiß jeder was eine Sonnenuhr ist. Die meisten Leute sind der Meinung, sie könnten eine herstellen. Aber bei den meisten ist das Wissen begrenzt und beschränkt sich auf horizontale Gartensonnenuhren. Vielleicht besitzen sie sogar eine im eigenen Garten oder haben sie im Schuppen, weil sie nicht wissen, wie man diese Uhr aufstellt.

Es gibt eine weitverbreitete Meinung, obwohl total falsch, daß die Sonnenuhren nicht besonders gut die Zeit messen können. Dies wird auch von Hilaire Belloc ausgedrückt, der selbst eine Anzahl Sonnenuhren hergestellt hat, einschließlich Sinnsprüchen wir diesen :

Viel besser zeigt die Armbanduhr
die Zeit als eine Sonnenuhr.

Der schlechte Ruf der Sonnenuhren kommt daher, daß man meistens die "watch-time" als absolute Zeit akzeptiert, ohne einen Gedanken an die Herkunft der Zeit zu verschwenden.

Sonnenuhren messen die absolute Zeit. Mittag ist, wenn die Sonne den höchsten Stand am Himmel an diesem Tag erreicht (wenn sie den Ortsmeridian kreuzt). Räderuhren messen nun die Zeit mit exakt 24 Stunden, 0 Minuten und 0 Sekunden bis zum Mittag des folgenden Tages. Aber Mittag am 26. Dezember ist tatsächlich 24 Stunden, 0 Minuten und 29 Sekunden nach dem Mittag des Weihnachtstages. Von Mittag am 15. September vergehen nur 23 Stunden, 59 Minuten und 39 Sekunden bis zum Mittag des folgenden Tages.

Mechanische Uhren können offensichtlich nicht so gemacht werden, daß sie ungleichmäßig schnell laufen (elektronische Uhren könnte man so herstellen, obwohl sie kaum einen großen Markt finden würden). Die mittlere Zeit wurde erfunden, eine künstliche Konstruktion, die alle Tage in gleich lange 24 Stunden teilt.

Sonnenuhren an Kirchenwänden sind Zeugen einer Zeit, als sie noch der Maßstab für die Zeit waren. Vor 200 Jahren funktionierten öffentliche Räderuhren nicht besonders genau und mußten bereits nach wenigen Tagen mit Hilfe von Sonnenuhren nachgestellt werden .

Bevor Eisenbahnen gebaut wurden, gab es keinen besonderen Grund, warum Menschen in Bristol mit der gleichen Zeit leben sollten wie jene in London. Zu dieser Zeit gab es auch keine Möglichkeit, über weite Entfernungen Nachrichten zu übermittleln. Als der Telegraph diese Kommunikation ermöglichte, war es problematisch die Ortseit beizubehalten, man brauchte eine Zeit, welche auf einen Standard-Meridian basierte. Bristol hat eine geographische Länge von 2º35 westl. von Greenwich. Damit ist dort 10 Minuten später Mittag als in London. Es gibt noch ein Relikt aus dieser Zeit - die Uhr über der alten Getreidebörse in Bristol hat zwei Minutenzeiger. Einer zeigt die mittlere Zeit von Greenwich wie alle anderen Uhren in England auch, und der andere 10 Minuten später - die Bristol Zeit !

Später wurde mit der Sommerzeit eine weitere künstliche Zeitveränderung vorgenommen. Es wird bei allen Uhren vom Frühjahr bis Herbst eine weitere Stunde hinzugefügt.

Somit gibt es im Sommer 3 Gründe, warum Ihre Uhr eine andere Zeit anzeigt als die Sonnenuhr. Sie kann bis zu 15 Minuten anders anzeigen, weil ihre Uhr annimmt, daß alle Tage gleich lang sind. Dann beträgt die Zeitdifferenz gegenüber Sonnenuhren 4 Minuten für jeden Längengrad, den ihr Ortsmeridian vom Zonenmeridian entfernt ist. (Diese Differenz kann ganz beträchtlich sein; zum Beispiel Vigo in Spanien liegt 8º44 westlich von Greenwich, benützt aber die Mitteleuropäische Zeit. Der Zonenmeridian ist somit 15º östlich von Greenwich. Die Korrektur für die Länge ist im Sommer 1 Stunde 34 Minuten und 56 Sekunden). Letztendlich wird ihre Uhr exakt um 60 Minuten differieren, wenn sie in England leben. Ihre Uhr zeigt im Sommer dann jene Zeit an, welche für Prag (Mitteleuropäische Zeit) bestimmt wurde.

Es ist überraschend, daß das Interesse an den Sonnenuhren trotz diesen künstlichen Schwierigkeiten nicht nachläßt. Tatsächlich wächst das Interesse. Sonnenuhrenvereinigungen gibt es in Großbritannien und in vielen anderen Ländern und ihre Mitglieder werden immer mehr. Sie sind eingeladen mitzumachen.

Wir hoffen, daß Ihnen Sonnenuhren im Internet eine Vorstellung von der Welt der Sonnenuhren - ihrer Vielschichtigkeit und Faszination geben wird. Sonnenuhren sind einzigartig in der Wissenschaft (in Form genauer Berechnungen), Kunst (in Form sehenswerter Entwürfe) und im Handwerk (in der Form gediegener Handarbeit). Alles muß harmonisch zusammenpassen, damit es eine gute Sonnenuhr wird. Alles muß zu seinem Recht kommen, das ist eine Herausforderung ! Viel Glück.

(Diese Seite stützt sich auf den Artikel "Is that really the time?" von Piers Nicholson und ist in "The Valuer" im August/September 1992 erschienen.)

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www.sundials.co.uk/deutsch/introde.htm         first posted 1998         last revision 15 May 1999
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